Lange Geschichte

 

Friesland, Freitagnachmittag. Unvorsichtigerweise hatte ich meinem Nachbarn Claas vor Urzeiten versprochen, einige seiner preisverdächtigen Nutztiere für den offiziellen Hofkalender zu fotografieren. An sich sollte das keine große Herausforderung sein, allerdings hätte ich mir persönlich eher einen sonnigen Tag für dieses Vorhaben ausgesucht und dazu eventuell etwas weniger Wind und Außentemperaturen über 3 Grad gewünscht.

Von einer Terminverschiebung wollte Herr Claasen jedoch nichts wissen. »Kannst Dich doch hinterher an Deinen ollen Klapp-Computer setzen und machen, dass auf den Bildern die Sonne scheint – oder ist das ’n Problem für Dich?!«

»Bewahre, nein, keinesfalls!«

  Beschwichtigt schulterte Claas das große Beil, mit dem er eben noch ziemlich mordlustig vor meiner Nase herumgefuchtelt hatte, und zog in Richtung Hühnerstall ab.

Nun ja. Ich robbe über Claasens Ländereien, bringe Schweine zum fotogenen Lächeln und Schafe zum flauschigen Gucken. Etwas komplizierter ist es bei den ehemals hochglanzpolierten Rindviechern, die absolut unkooperativ und wahrscheinlich mit Absicht immer im ungünstigsten Moment verdauen wollen. Aber langsam wird’s. Kannst das Beil ruhig weglegen, Claas.

  Oh, was hat Tant‘ Eilsine so plötzlich? Sie wedelt beidarmig aus dem aufgerissenen Küchenfenster in unsere Richtung. »Karen, Karen – komm mal ganz schnell her!«

  Im günstigsten Fall bedeutet das, dass irgendein extravaganter Kuchen seinen ofenwarmen Stapellauf hat. Im ungünstigsten muss man hinterher jede Menge Blut aufwischen. Alles schon passiert – ich habe da langjährige Erfahrung. Deshalb sprinte ich, so fix es meine Gummistiefel zulassen, ins Haus.

  In Eilsines Allerheiligstem ist nicht nur Teezeit, sondern definitiv Party. Und was für eine! Tant‘ Kea und Tant‘ Aahlke liegen einander in den Armen und prosten ausgelassen grölend dem Küchenfernseher zu. »Noch mal, noch mal …!« Tant‘ Eilsine schubst mich auf die Eckbank, schiebt ein Glas Kräuterlikör in meine Richtung und startet mit großer Geste einen Volksmusiksender. Kea und Aahlke flippen aus. Eilsine moved sich küchenmittig einen Wolf. Ich trinke spontan aus der Flasche.

Was? Ist? Das???

  »So, Karen – Du kannst doch Ausländisch. Watt singen die da?« Nach der dritten Wiederholung kann ich zwar taktsicher mittwippen und habe die übersichtliche Choreografie durchschaut, bin aber immer noch völlig ahnungslos, in welcher Sprache dort überhaupt gejodelt wird. Und es wird mit längerem Zuhören nicht besser. Eher schlimmer, weil meine Nachbarinnen zu einem rhythmischen Chor-Muhen übergegangen sind. Macht weiter, Mädels, ich bin dann mal weg …!

  Sie müssen mir glauben, dass es mich fast eine Stunde Internetrecherche gekostet hat, um hinter den Sinn dieses Ohrwurms zu kommen. (Doch, er hat einen. Sogar einen interessanten.) 

Jetzt kriege ich weder das Ding aus dem Kopf noch das Grinsen aus dem Gesicht und bin gespannt, ab wann wir uns am Deich wieder mit »Moin« grüßen statt mit »Da da Muh«.


Vor genau einer Woche habe ich mir begeistert etliche lebenswichtige Körperteile abgefroren, um auf der eisbedeckten Nordsee ein paar schicke winterliche Fotos zu machen. Der schlagartige, gestrige Frühlingseinbruch hat unser schönstes Ende der Welt jedoch  heftig und  lauwarm erwischt. Getrieben vom Ruf der Natur und dem Gegnäcker meiner geliebten Nachbarinnen verziehe ich mich nun in den Garten, um dort die allernötigsten Arbeiten zu erledigen. Und wenn man damit erst einmal anfängt …! Deshalb muss ich Sie mit Archivbildern unterhalten, bis ich es irgendwann – wahrscheinlich sehr viel später – erneut  schaffe, meine Kamera die 350 Meter bis zum Deich zu tragen und abzudrücken. Bitte überbrücken Sie diesen Zeitraum gern mit dem Durchzählen der abgebildeten Leuchttürme. (Kleiner Tipp: insgesamt sechs.)


Lange Geschichte

 

Allen fürsorglichen Menschen, die sich gestern gewundert haben, dass ich in ungewohnt defensivem Fahrstil, unter Polizeischutz und mit weißem Schutzanzug komplett verhüllt auf der Deichstraße unterwegs war, sei an dieser Stelle ausdrücklich versichert, dass es mir gut geht. Doch, wirklich. Echt jetzt. Vielen Dank der neugierigen Nachfragen bei meinen Deichmädels. Wenn Sie wegen akuter Überlastung der Telefonleitungen nicht zu Tant‘ Kea, Aahlke und Eilsine durchgekommen sind oder falls es der berichtsbeauftragte Postbote noch nicht zu Ihnen geschafft hat: Es war nicht das, was Sie denken. Sondern ganz, ganz anders.

  Ich weiß nicht, ob Sie wissen (und bin außerdem ziemlich sicher, dass die zivilisierten Stadtbewohner unter Ihnen garantiert in seliger Unkenntnis leben), dass sich in unserem dünn besiedelten ländlichen Raum ein regionaler Brauch hartnäckig hält – nämlich das »Wünschen«. Das hat wenig bis gar nichts mit Weltfrieden im allgemeinen zu tun; vielmehr bezeichnet es eine jahresendliche Völkerwanderung, bei der man seine lieben, liebsten und potentiell nützlichen Mitmenschen besucht, um ihnen ein frohes Fest, ein gutes neue Jahr und alles Mögliche andere zu wünschen. Manchmal auch Pest und Cholera, solange man dabei freundlich lächelt. Wie die »Tour de France«, nur mit Alkohol statt Doping. »Tour de Fries«, eben.

Besonders wichtig: Frühzeitig anfangen, damit man (zwingend) vor dem 31. Januar fertig ist. Danach gilt es nicht mehr und man selbst als äußerst unhöflich. Weil während des Wünschvorganges außerdem kleine freundschaftserhaltende Liebesgaben ausgetauscht werden, könnte man diesen Prozess zulässig verallgemeinernd als eine Art »Großraum-Wichteln« bezeichnen.

  Alles klar soweit? Können Sie mir folgen? Wollen Sie das überhaupt? Na, dann …!

Stellen Sie sich einen sehr frühen, dunklen Dezembermorgen vor. Der Wind pfeift über die matschigen Wiesen und treibt hohe Luftfeuchtigkeit vor sich her. Friesland, 07:30 Uhr. Ich habe bereits eine geschlagene Stunde mit meiner persönlichen Dekoration zugebracht und bin von meiner üblichen Gelassenheit weit entfernt. »Wünschen gehen« ist ein offizieller Anlass und erfordert das Tragen der mindestens zweitbesten Hose, einer gebügelten Bluse, der guten Schuhe und jeder Menge Spachtelmasse.

  Auf der gemeinschaftlichen »Wünsch-Liste«, die meine Nachbarinnen erstellt und mir zur gefälligen Abarbeitung aufgedrängt haben, stehen sechs Adressen. Problemlos und noch deutlich vor dem Mittagessen zu bewältigen, möchte man meinen. Na ja – nicht ganz.

  Da wäre noch die Kleinigkeit mit den »Kleinigkeiten«. Den Geschenken. Mein Trecker parkt seit dem Vorabend in Claasens Einfahrt. Menno und Claas spielen enthusiastisch reales Tetris, um die weihnachtlich aufgemotzten Fünfzig-Kilo-Säcke Kaminholz (zwölf an der Zahl) in den Laderaum meines gequälten Fahrzeugs zu bugsieren. Tant‘ Aahlkes Eierpaletten (ebenfalls zwölf) stehen im Fußraum auf der Beifahrerseite, die Riesen-Azaleentöpfe (glücklicherweise nur sechs) von Tant‘ Kea müssen aber irgendwie auch noch mit. Der Frankfurter Kranz für den Pastor lässt sich ums Verrecken nicht anschnallen. Was für ein Chaos …!

  Claasens Haustür öffnet sich einen winzigen Spalt. Tant‘ Eilsine quetscht sich heraus. Sie steckt zwar gerade bis zu den Achselhöhlen im Hefeteig und der darf auf gar keinen Fall auch nur einen Hauch Zugluft abbekommen, aaaber sie hatte sich gedacht, dass es doch wunder-wunderschön wäre, wenn ich den kleinen Pelle mitnehmen würde – wegen des Flauschigkeitsfaktors. Als Sympathieträger, wenn man so will.

  » … und guck bloß mal, wie süß ich ihn zurechtgemacht habe …! «

Ich gucke. Zumindest ist er frisch gefüttert. Hat sogar noch einen Rest Leberwurst im Schnäuzchen. Und ein paar Brocken Kuchenteig im ansonsten glänzend gebürsteten Fell. Der Knaller ist weniger das psychedelisch blinkende Halsband, sondern das plüschige Rentiergeweih mittig zwischen den Schlappohren.

Süß? Pelle und ich gestatten uns einvernehmlich eine abweichende Meinung, lassen uns jedoch nichts anmerken. Wäre zwecklos. Wir kennen das.  Aber …

  »Tant‘ Eilsine – ohne Deine Gefühle verletzen zu wollen, ich kann den Hund nicht mitnehmen!«

Frau Claasen kneift angriffslustig die Augen zusammen. »Und warum das nicht?!«

»Ääh – wie soll ich sagen …«, komme ich ins Stottern. Hier beginnt der komplizierte Teil.

  Wir alle schätzen unseren örtlichen Tierarzt. Gemeinsam mit seinem Mann Dieter ist er der gesellschaftliche Mittelpunkt sämtlicher Partys. Beide zählen vorbehaltlos zu meinen absoluten Lieblingsmenschen und haben nicht nur deshalb einen Ehrenplatz auf meiner »Wünsch-Runde« inne.

  Blöd ist nur, dass der dusselige Pelle Doktor Eike Renken hasst. Bis aufs Blut. Nicht auf seins, beileibe nicht. Zählt man beider Auseinandersetzungen zusammen, führt Eilsines Liebling haushoch nach Punkten. Aber Pelles Abscheu geht soweit, dass man in seiner Gegenwart die Wörter »Tierarzt«, »Doktor Renken« oder selbst »Eike« nicht einmal denken darf. Obwohl ein Durchschnittsdackel nachweislich nicht lesen kann, ist er letztens sogar ausgeflippt, als wir nur einen Wegweiser zur übernächsten Nachbargemeinde passiert haben, in welcher »Der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf« praktiziert. (Bei »Voldemort« ist übrigens auch der Teufel los, das haben wir längst probiert.) Freie Meinungsäußerung für jedes Mitgeschöpf gehört zu den Grundpfeilern einer lebendigen Demokratie und deshalb kann Pelle von mir aus gern alles zum Kotzen finden, was er will. Aber nicht wortwörtlich und schon gar nicht in meinem Auto.

  Eilsine entschwindet kopfschüttelnd in ihr Heiligtum. Claas gibt mir letzte Anweisungen.

»Jo. Mit der Zuladung  ’n bisschen vorsichtig, klar? Ist doch was mehr geworden. Brems besser nicht so doll. Lieber gar nicht. Kannst einfach hupen. Nach hinten raus siehst Du nix. Aber Du fährst doch meistens vorwärts, höhöhö. Die Heizung lass mal aus. Der Kuchen gammelt eh‘ schon. Nimm Pelle auf die Knie und halt ihn fest, damit er nicht in die Eier kippt. Denk dran, bei über Dreißig wird ihm schlecht. Und wenn die falsche Musik im Radio kommt, auch. Erst recht. Munter!«

Nun denn – packen wir es an. Zuerst zum Pastor. Wenn ich den Frankfurter Kranz ausgeliefert habe, bietet der Beifahrersitz perfekten Stauraum für die Azaleenpötte. Ist bestimmt besser, als dass die Dinger dauernd zwischen den Holzsäcken herumklötern.  Ja, fast perfekt. Ich sehe zwar nun auch nach rechts nichts mehr;  die statistische Wahrscheinlichkeit, dass von dort jemand kommt, ist jedoch äußerst gering. Pelle hat es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht, stützt die Vorderpfoten aufs Lenkrad und scannt die vorbeischleichende Landschaft. Nicht zum ersten Mal in diesem Leben wünsche ich mir dringend längere Beine. Nur mit den Zehenspitzen Gas zu geben ist auf Dauer ziemlich mühsam. Wir erreichen immerhin eine konstante Reisegeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern. Wenigstens brauche ich nicht zu schalten. Ich wüsste auch echt nicht, womit – so ohne verbleibende freie Körperteile.

  Unsere Wünsch-Tour schreitet voran. Bei jedem vorsichtigen Halt hüpft Pelle aus dem Auto, lässt sich streicheln und umgurren, nimmt die dargebotenen Fressgeschenke gnädig an, knabbert Weinbrandbohnen, probiert Heringssalat, schlürft das eine oder andere Likörchen, vergeht sich an mehreren Mettigeln und veranstaltet ein Heidenspektakel, wenn ich nicht schnell genug die dämlichen Zentnersäcke von der Ladefläche zerre. Eierpaletten dazu, Blumentopf obendrauf, fröhlich lächeln – fertig, der Nächste bitte. Leider wird mein Trecker im Verlauf des Vormittags nicht leerer. Die Gegengeschenke haben es ebenfalls in sich. Mit Tannengrün und Weihnachtskugeln verzierte Schweinehälften (kein Witz!) konkurrieren mit etlichen Stapeln selbstangebauter Schaffelle um den verbleibenden Stauraum im Wagen. Mittig thront ein ölverschmiertes, unglaublich seltenes Mega-Riesen-Ersatzteil für Claasens Schlepper inklusive Prachtschleife. Freundliche Aufmerksamkeit der Firma »Eilts & Söhne (und Opa)«. 

  Unsere Welt wäre ein sehr viel besserer Ort, wenn sich meine Nachbarn deutlich kleinere Dinge schenken würden. Mehr so minimalistisches Zeugs. Eine Tafel Schokolade und ein Paket Tempotaschentücher täten es auch.

   Für den letzten Punkt der Tagesordnung, dem Besuch bei Sie-wissen-schon-wem, habe ich mir einen dackelsicheren Plan zurechtgelegt. Unter strikter Vermeidung jeglicher Orts- und Hinweisschilder benutze ich die altbewährte Whisky-Route. Wie – die kennen Sie nicht?! Diesen halbspurigen Feldweg, der zwischen unseren Nachbargemeinden quer durch die Pampa führt und allen Bedürftigen Schutz und Deckung bietet, die nach einem aus dem Ruder gelaufenen Skatturnier oder dem Kameradschaftsabend der Freiwilligen Feuerwehr nach Hause fahren müssen und eigentlich nicht mehr laufen können? Den kennt doch jeder. Sogar Lasse, unser Deichpolizist. Der braucht ihn schließlich am häufigsten. Aber das nur nebenbei.

   Jedenfalls führt dieser Geheimgang an der rückseitigen Grenze des Tierarztgrundstücks vorbei.  Dort kann ich ganz unverfänglich halten, mich bei Pelle mit einem dringenden Bedürfnis entschuldigen und anschließend mit den Geschenken querfeldein zum Wohnhaus von Dieter und Eike … na ja, nicht gerade renne, aber so ähnlich … also, das müsste zu machen sein.

Puuuh. Geschafft. Es war nicht leicht. Im Gegenteil. Aber wenn man von purer Tierliebe und reinem Selbsterhaltungstrieb motiviert wird und im Hinterkopf die Wartezeiten der lokalen Autowerkstatt hat, wächst man über sich hinaus. Und ich hätte mich gar nicht zu beeilen brauchen, weil der Dackel selig blähend den Fahrersitz blockiert. Breit wie eine Natter, streng wissenschaftlich gesprochen. Vielleicht merkt er nicht einmal, dass ich ein wenig schneller fahre. Mal probieren. Ha! Geht.

  Ist das nicht gediegen? Wenn man vom Teufel spricht … also, wirklich! Parkt da vorn nicht der Dienstwagen unseres Dorfsheriffs? Oh, Lasse hat Redebedarf. Ich fahre mal das Fenster herunter.

  »Moin, Karen. Was machst Du denn hier? Hast Du auch was getrunken?«

Nein, aber ich wünschte, ich hätte. Ehrliche Antwort also: »Sorry, bin noch nicht dazu gekommen. Aber der Dackel hier, der hat ...! Wolltst‘ mal riechen?«

Ich hieve Pelle als Beweisstück »A« auf Halbmast. Höher geht nicht. Das Vieh ist schwer. Und schlaff. In ihm rumort es gewaltig. Mit einem Auge schielt er, das andere bekommt er nicht auf.

  »Iiieh, eyyy. Der Lütte sieht richtig schlecht aus. Meinst‘ nicht, dass er zum Tierarzt muss?«

Ich denke »Aaaargh!« und kreische »Neiiin!«, aber da ist es längst schon zu spät. Das Reizwort hat Pelles alkoholumnebeltes Hirn erreicht und die zu erwartende Hassreaktion ausgelöst. Erst knurrt er sich warm, danach dreht er die Lautstärke auf und sich selbst »auf links«. Vor allem den Magen. Recycelter Heringssalat ergießt sich im Schwall über mein ehemals schickes Outfit. Lasse ist das Mitgefühl in Person.

  »Wart mal kurz – ich fahre schnell zu Doktor Renken und … «, Pelle zappelt sich in meinen Armen in Rage und gibt Sahnepudding mit Rumtopfpartikeln von sich. Wann hat er denn sowas gefressen?

  »Das kann echt  nicht gesund sein. Komm, wir fragen Eike …« Schon wieder. Der Dackel pinkelt, heult und kotzt. Alles gleichzeitig. Multitasking vom Allerfeinsten.

  »Mensch, Lasse – Du darfst doch das Wort nicht sagen!«

»Welches Wort denn?!«

  »Na, Tierarzt

So, nun isses raus. Der letzte Schwung ging auf mich. Mit deutlicher Leberwurstnote im Abgang. Jetzt müsste er leer sein. So weit, so ekelig.

  Mein Freund und Helfer genehmigt sich einen Hieb Magenbitter aus dem Erste-Hilfe-Koffer seines Streifenwagens und bietet mir die Literflasche zur Selbstbedienung an. Das hilft, aber nicht viel. Eine heiße Dusche wäre besser. Und ein sauberer Dackel. Frische Klamotten und ein neues Auto, wenn wir schon dabei sind. Oder vielleicht gleich ein neues Leben? Soll ich Lasse bitten, mich zu erschießen? Pffft – wie ich ihn kenne, ist er für den anschließenden Papierkram zu faul.  

Ein Geistesblitz durchzuckt meine Schockstarre.

»Lasse, bringst Du mir bitte fix mal was zum Schreiben?«

  Tja, natürlich hat sich Pelle unbehaglich fiepend auf meinem Schoß in seiner eigenen Feuchtigkeit gewälzt; es ließ sich schließlich nicht vermeiden, das gewisse »Unwort« in meiner schöngeschriebenen Anweisung an unseren Ordnungshüter zu verwenden.

Eine knappe Viertelstunde später präsentiert mir der liebe Lasse stolz einen ladenneuen Seuchenschutzoverall, um den ich den netten Herren, der mit einem Landschaftsgärtner namens Dieter verheiratet ist und dort hinten wohnt, gebeten hatte. Angeblich hätte er sich totgelacht. Und ein Beweisfoto verlangt. Wehe …!

Während ich mich aus meinen durchweichten Stinkeplünnen schäle und das Ganzkörperkondom überstreife, bedeckt unser Ordnungshüter Pelles Hinterlassenschaften blickdicht mit extrastarken Mülltüten und begleitet meinen ungeordneten Rückzug mit allen verfügbaren Sondersignalen.

Das war seine eigene Idee! Ich wollte Sie keinesfalls erschrecken oder sonst wie ins Grübeln bringen. Wie ich bereits eingangs erwähnte: Mir geht’s gut. Ist doch im Grunde auch fast gar nix passiert. Seien wir mal ehrlich: Es hätte immerhin noch viel, viel schlimmer kommen können. Wie? Ja, weiß ich jetzt auch nicht. Aber schließlich sind wir hier in Friesland. Und da ist bekanntermaßen alles möglich.

 

 

 



Ein einfaches »Dankeschön« würde nicht einmal ansatzweise ausreichen, um die professionelle Kompetenz und die nahezu übermenschliche Leidensfähigkeit des Teams meiner Lieblingsautowerkstatt zu würdigen.  Die Herren der dortigen Schrauber-Crew haben sich erneut selbst übertroffen und meinem Trecker das Leben sowie etliche wichtige Körperteile gerettet. Das ganze Ausmaß der geballten Bemühungen können Sie ziemlich sicher nach Durchsicht der folgenden, wirklich wahren Geschichte ermessen. Alle Daumen hoch für die Helden meines Alltags!

 

Mein Trecker und ich

Zu meinem Trecker habe ich ein äußerst irrationales, sehr inniges Verhältnis. Bei ihm handelt es sich um ein dieselbetriebenes Allradfahrzeug eines Herstellers, der für absolute Zuverlässigkeit und legendäre Unkaputtbarkeit seiner Produkte bekannt ist. Wahrscheinlich haben die Herrschaften in Fernost jedoch nicht mit friesischen Straßenverhältnissen gerechnet. Möglicherweise wissen sie noch nicht einmal, dass es so etwas wie »Straßen« bei uns überhaupt gibt. Ist schließlich selbst für Eingeborene ein relativ neues Konzept.

  Während der über das Jahr verteilten vier bis fünf Sommerwochen habe ich den schönsten Arbeitsweg der Welt. Außerhalb dieses Zeitfensters verlasse ich das Haus stets im Dunklen, welches gern und oft durch Nebel, Blitz-Eis, Sturmböen und Starkregen oder alles davon aufgelockert wird. Auf den Spuren der großen Abenteurer und Entdecker begebe ich mich täglich auf die Suche nach der legendären Nordwestpassage  – unsere lokale Bundesstraße, die nahezu schnurgerade quer durch Ostfriesland führt, irgendwo in Leer endet und neben vielen anderen Überraschungen eine Abzweigung zur regionalen Autobahn bereithält.  An deren Ende arbeite ich. Und wenn mein Trecker möchte, kommen wir beide dort auch an. Ab und zu möchte er nicht. Kann ich durchaus verstehen. Es gibt eben Tage, da ist einem nicht danach.

  Mein kleines Schätzchen ist sensibel und charakterstark. Deshalb kann ich es nicht jeder Werkstatt anvertrauen. Letztens war ich notfallmäßig in unserer dorfeigenen Landmaschinenschmiede, weil die Rückfahrleuchte seit fünf Monaten nicht mehr funktionierte. Die alteingesessene Firma »Eilts & Söhne (und Opa)« schickte serviceorientiert den erfahrenen Seniorchef zur Schadensaufnahme  vor die Bürotür. Opa zuckte die Schultern, spuckte einen Kautabakpriem haarscharf neben das linke Vorderrad, grunzte ein knappes »Nä!« und verzog sich wieder. Und wenn er nicht seit seiner letzten Probefahrt mit dem Schlepper von Claas Claasen auf einen Rollator angewiesen wäre, hätte er womöglich sogar nach meinem süßen Liebling getreten. Pfffft – die sehen mich nicht wieder. (Kurze Zeit später trat die Rückfahrleuchte ihren Dienst wieder an, weil der wochenlange Starkregen den eingetrockneten Kuhfladen aufgeweicht und abgewaschen hatte. Geht doch …! ) 

  Wenn man sich für ein robustes, zweckmäßiges Fahrzeug entschieden hat, muss man natürlich etliche Abstriche machen. Zum Beispiel bei der damenhaften Eleganz oder der leichtgängigen Bedienbarkeit. Mit beiläufigem Fingerdruck funktioniert schon mal gar nichts. (Okay, das Handschuhfach springt gelegentlich von selbst auf. Das kommt  davon, dass die unverzichtbare Herde glücksbringender Stofftiere, die wegen ihrer zweifelhaften Optik aus ästhetischen Gründen blickdicht weggesperrt ist, zwischendurch an die frische Luft will. Klappe zu – neue Lage Panzertape drauf.)  Tatsächlich hat mein Trecker kaum Features, die sich mit weniger als beiden Händen bedienen lassen.  Der dritte Gang  bedarf etlicher Überredungskunst, der vierte ist  etwas kompliziert und der fünfte ohnehin Glückssache. Als serienmäßiger Diebstahlsschutz unschlagbar originell.

  Gemeinsam haben mein Trecker und ich hohen Unterhaltungswert.  Besonders auf stark belebten Parkplätzen vor einem städtischen Supermarkt .  

»So eine kleine Frau und sooo ein großes Auto …!«  

Whoa, ich kann’s echt nicht mehr hören. Herrschaften, ich muss die Karre doch nicht tragen …! Und wo sind eigentlich diese vielen wohlmeinenden Supermänner, wenn man knöcheltief im Schneematsch steht und mit steifgefrorenen Fingern versucht, am einzig funktionierenden Tankstellenkompressor im Umkreis von 30 Kilometern eine Winzigkeit Reifendruck nachzuladen? Na? Ich sag das jetzt zwar ungern, aber: Emanzipation wird manchmal echt überschätzt.

  Aller zwei Jahre flattert uns mit bedrohlicher Regelmäßigkeit eine Einladung zum TÜV ins Haus. Das ist stets eine spannende Sache, bis zu einem gewissen Grad lehrreich und hinsichtlich der allfälligen Routinetests ziemlich interessant. Gut, dass die Hupe funktioniert, weiß ich selbst. Was jedoch die Blinker angeht, bin ich immer etwas unsicher. Wann brauche ich die denn mal? Mal ehrlich: Auf unseren Straßen sind außer mir nur Leute unterwegs, die mich kennen und wissen, wo ich hin will. Falls mir jemand begegnet, der mich nicht kennt, geht ihn mein Zielort ohnehin nichts an. Datenschutz nehme ich sehr ernst.  Und was die Bremsen betrifft  – tja, die schone ich. Wieso sollte ich sie grundlos oder überhaupt gebrauchen? Hey, ich bin doch froh, wenn mein Treckerchen fährt …!

  Mir ist bewusst, dass so ein amtlicher Prüfer gewiss ein herzensguter Mensch ist, nur seine Pflicht tut und persönlich überhaupt für gar nix kann.  Ich mag’s nur nicht, wenn man meinen besten Freund so einschläferungswütig anguckt.  Oder ihn überhaupt kritisiert. In solchen Momenten klammere ich mich an den fachlichen und seelischen Beistand meiner städtischen Schrauberprofis. Natürlich würden sie garantiert beim Anblick meines Treckers ebenfalls am allerliebsten »NÄ! « rufen und  noch ein »Oh, Gott – nicht schooon wieder  …!« anhängen, aber sie tun’s nicht. Wenigstens nicht laut. Die Herren sind tatsächlich so leidensfähig, dass sie meinen knuffigen Zweieinhalbtonner ausschließlich mit seinem Kosenamen ansprechen und nie eine abfällige Bemerkung über seine großen Füße machen. Und welche Frau wüsste das nicht zu schätzen …?!

 

 


Ich wünsche meinen lieben Freunden ein besonders schickes, aufregendes, erfolgreiches, gesundes und wundervolles 2020.  Mögen all‘ Ihre Hoffnungen in Erfüllung gehen!

Meine Deichmädels schließen sich mit einem herzhaften »Glückelt Neejohr!« an, haben aber gerade keine Zeit zu längeren originalsprachlichen Ausführungen, weil die Produktion der urfriesischen Neujahrskuchen auf Hochtouren läuft. Eigentlich müssten Sie das bis zu sich nach Hause riechen können. Zumindest,  wenn ich fix mal vom Deich heftig in Ihre Richtung winke. Sooo ungefähr. Merken                                                                                                      Sie es?

                                                                                                    Friesland ist eine Gegend so voller Glück, dass es für                                                                                                      alle reicht. Kommen Sie zu Besuch und holen Sie                                                                                                             sich Ihre persönliche Portion davon ab!

                                                                                                     Ich bin jedenfalls unendlich dankbar – dafür, dass                                                                                                         ich hier leben kann und lieben darf.

                                                                                                     Herzlichst

 

                                                                                                      Ihre Karen Christiansen


Tant‘ Kea rechnet ab

 

Gehen Sie mir weg mit Weihnachten, das ist ja schlimmer als Krieg. Haaach, einen Tag noch, dann isses zum Glück vorbei. Gottseidank! Dieses Durcheinander jedes Mal und der viele Abwasch hinterher – einfach fürchterlich. Man hat keine ruhige Minute bei dem ganzen Stress, da sind Aahlke und ich uns einig. Haben wir gerade drüber gesprochen, als sie vorhin zum Tee hier war. Nur ganz kurz, zwei Stündchen vielleicht. Gut, es können auch drei gewesen sein, aber auf keinen Fall länger, weil ich ja vorher schon bei Christiansens war.  Eigentlich wollte ich bei Karen nur eben nach dem Rechten sehen und hab so getan, als ob ich ein Löffelchen Sago borgen wollte. Ha! Als ob …! Ja, sie weiß wohl, was das ist, aber da hört’s auch schon auf. Am liebsten wäre ich auf der Schwelle wieder umgekehrt. Sie können sich  nicht vooorstellen, wie die Hütte aussah – am heiligen Feiertag! Sieben Uhr durch und noch nicht mal die Küche gewischt. Dafür stand der olle Klapp-Computer auf’m Tisch und Karen meinte, sie würde das vierte Buch schreiben. Schon wieder eins? Na, wer keine anderen Sorgen hat, pffffft …! Ich hab ihr gleich verklickert, dass sie das neue Dings mal ein bisschen dicker machen soll als die anderen. So zwei Zentimeter würden reichen. In meiner Speisekammer wackelt nämlich das hintere Regal und da wäre ein Buch vielleicht doch ganz praktisch. Zeit zum Schreiben hat das Mädel wohl über die Feiertage, wo sie doch noch nicht mal selbst kocht. Da kommt jetzt immer mal so ein Lieferwagen mit ausländischer Beschriftung zu Christiansens – ganz aus der Stadt! – und bringt Essen in Pappschachteln. Ich will ja nichts sagen, aber gegen Mittag sollte Eilsine ihren fetten Dackel besser nicht allein draußen rumlaufen lassen – man hört ja dauernd so Dinge …! Haaach, nun hab ich mich ganz verquatscht. Eigentlich wollte ich fix noch eine Ladung Kochwäsche durchlaufen lassen und dann die feine Tischwäsche stärken, bügeln und im Schrank verstauen. Am Feiertag soll man eigentlich ruhen, aber wer sich sowas Abartiges ausgedacht hat, war noch nie in Friesland Hausfrau. Man kommt sowieso nicht hinterher mit der ganzen Arbeit und überhaupt sind doch nur noch ein paar Stunden Weihnachten – da kann man ebenso gut auch die Wachstuchdecke für alltags auf den Küchentisch legen. Schluss mit der Völlerei, ab morgen sind wir alle endlich wieder normal!


Mindestens 90 Prozent aller Punkte auf der wochenendlichen Einkaufsliste, die ich gleich im übernächsten Nachbardorf abarbeiten muss, sind Bestellungen meiner geliebten Nachbarinnen. Deshalb finde ich es nur gerecht, wenn die Mädels zum Ausgleich dafür meine sozial-mediale Schreibarbeit übernehmen. Ich winke fröhlich vom Deich in Ihre Richtung und überlasse Sie dem Redefluss von Tant' Kea. Da müssen Sie jetzt durch ...!

 

  Moin! Sie da! Ja, Sie meine ich! Wollen Sie zu Karen? Die ist nicht da! Ja – was weiß ich denn …! Wird wohl wieder an den Deich gerannt sein wegen der ganzen Üdülle und den ollen Viechern und so. Haaarrejessas, man wird nicht schlau aus dem Mädel.  Gucken Sie sich nur die Hütte an von Christiansens – nicht ein Fitzelchen Weihnachtsschmuck. Aahlke und ich wollten Karen letztens ein Adventsgesteck anschnacken – ich meine, was sollen denn die Leute denken …! Fällt nachher bestimmt alles auf uns zurück, wenn es gegenüber total armselig aussieht. Sagt die feine Madam doch, sie würde keine Kerzen brauchen, weil sie Strom aus der Steckdose hätte und für den Notfall ’ne Taschenlampe. Der Willem kann einem nur leidtun. Bestimmt bereut der jeden Tag, dass er so eine aus der Stadt geheiratet hat und lässt es sich nur aus Höflichkeit nicht anmerken. Angeblich lieben sich die beiden ja wie verrückt. Aber ich würde meinen Krischan nicht in ungebügelten Unterhosen vor die Tür lassen. Wie schnell passiert mal was und dann erzählen die Krankenschwestern aus der Friesenklinik nachher noch überall rum,  dass ich ‘ne Schlampe wäre. Man weiß ja, wie sowas läuft. Liebe ist nämlich nicht nur Händchenhalten und Plüschaugen rollen, sondern vor allem pünktliche Mahlzeiten und eine blitzblanke gute Stube, wenn Sie mich fragen.  Wie wollen Sie denn Romantik machen, wenn Ihnen der Magen knurrt und Sie außerdem die Einkaufsliste noch nicht fertig haben? Das lenkt doch nur ab, wenn Sie wissen, was ich meine …!

 So, und nun trinken Sie fein noch ’n Tee mit mir – dann muss ich aber weiter. Ja, nix mit ruhiger Vorweihnachtszeit …! Ich muss für die Karen ein paar Rezepte aufschreiben. Nein, die will nicht kochen lernen – also, die Hoffnung haben wir längst aufgegeben. Sie hatte es wohl vor ein paar Jahren versucht, aber die Jungs von der Freiwilligen Feuerwehr haben es ihr schnell ausgeredet. Die wollen am Wochenende schließlich auch mal Privatleben haben. Karen braucht das Zeug für ihr neues Buch. Kann man mal sehen, dass sie echt durch und durch faul wie die Sünde ist – nicht mal ihr Buch kann sie alleine schreiben …! Bin gespannt, wie viel Geld sie mir dafür abgibt. Im SPAR-Markt ist nämlich nächste Woche pinkes Häkelgarn im Angebot.


Tant‘ Aahlke tischt auf

 

Moin! Na, Sie sind aber früh unterwegs – konnten Sie auch nicht schlafen? Es ist ja auch ein fürchterlicher Umstand jedes Jahr mit diesen ganzen Feiertagen. Jesus hat Geburtstag – na, soll er doch …! Da muss man doch nicht so einen Aufriss von machen, sag ich immer. Aber natürlich nicht laut, sonst ist Pastor Wurmschmitz beleidigt. Gestern haben wir es mehr so besinnlich angehen lassen.  In unserem Alter kann man irgendwie nix mehr ab. Also zuerst waren Willem und Karen bei uns. Nur kurz und essen wollten sie auch nichts, weil sie schon Pizza hatten. Da fällt einem doch nichts mehr zu ein, oder? Die beiden haben mir ‘ne neue Orchidee geschenkt und meinem Focko einen Liter Waffenöl. Angeblich aus Amerika. Die haben da ja wohl Ahnung von sowas. Anschließend sind Christiansens zu Eilsine weiter und ich bin natürlich sofort zu Kea rübergeflitzt – aha, auch ’ne Orchidee, aber in Pink und mit einer Blüte mehr als bei meiner. Das merke ich mir …! Bei Kea in der guten Stube bin ich erstmal ins Grübeln gekommen. Sah ganz komisch aus da, hatte sie etwa umgeräumt und mir nix davon erzählt? Bis mir auffiel, dass es daran lag, dass ihr Krischan auf dem Sofa saß und nicht wie sonst in seinem Männerzimmer in der Scheune, hat es eine Weile gedauert. Eine halbe Flasche Kirschlikör lang, um genau zu sein. Wir haben dann beide festgestellt, dass das Wohnzimmer ohne ihn doch besser wirkt und uns auf den Weg zu Eilsine gemacht. Da war die Bude schon voll und Christiansens, die ja angeblich niiie Zeit haben, hockten mittendrin. Also, sowas kann ich ab: Zu geizig für einen eigenen Weihnachtsbaum, kackfrech den von den Nachbarn mitbenutzen und dann noch an den Orchideenblüten sparen …! Es wurde trotzdem ganz gemütlich. Natürlich war der lütte Dackel als erster besoffen, aber mein Focko war eindeutig Zweiter. Oh, dem geht’s heute schlecht. Gut so – dann steht er mir nachher wenigstens nicht im Weg. Immerhin muss gleich die Gans in den Ofen - und dazu Rotkohl, schön mit Butterschmalz, haaach, ein Gedicht! Ordentlich Kartoffeln und einen Liter Sauce, zum Nachtisch Buttercremetorte – und wenn Focko mäkelt, weil ihm nach der ganzen Sauferei von gestern nicht ganz extra ist, findet er sich schneller bei Krischan Harms in der Scheune wieder, als er gucken kann. Das hat mir Kea hoch und heilig versprochen. Wir halten immer zusammen. Gegen gewisse Nachbarn – und den Rest der Welt sowieso. Fröhliche Weihnachten – und wehe, wenn nicht …!


Irgendwas ist ja immer. Aber in der Vorweihnachtszeit noch mehr. Hauptsächlich bei meinen geliebten Nachbarinnen. Im Moment bin ich begehrt wie ein Tausend-Euro-Schein. Endlich ist mal  jemand verfügbar, den man auf große Einkaufsfahrt schicken kann und der nicht mit stundenlanger Verspätung, einer Grog-Fahne und einer allenfalls halb abgearbeiteten Liste nach Hause kommt. Nicht, dass ich nicht schon jede Menge Luxusgüter aus der Stadt ran geschafft hätte – nein, jetzt geht es um die entscheidenden Kleinigkeiten, die zu einem gelungen Fest gehören. Fünfzig Meter Ersatz-LED-Lichterketten, zum Beispiel. Nein, die alten hängen erst seit gestern. Und leuchten wie verrückt. Aaaber wenn mal was damit passiert …! Zwei Zentner Streusalz zur Sicherheit. Für jeden. Die Scheunen liegen zwar noch voll von den Vorjahresresten, aber wenn es wirklich glatt wird und die Preise steigen, ist man besser vorbereitet. Die vielen Toilettenpapiergroßpackungen, die ich schon verteilt habe, konnte ich gar nicht zählen.

  Aber immerhin ist meine Tiefkühltruhe längst mit verschiedenen Pizzen randvoll gestopft und sämtliche Weihnachtsgeschenke warten seit drei Wochen, bunt eingepackt, auf  liebevolle Verteilung – also, ich wäre dann soweit …!

  Sie müssen mir einfach glauben, dass ich Sie normalerweise viel lieber mit skurrilen Friesland-Stories unterhalten und schon ein paar Kapitelchen für »Lebenslänglich Friesland« schreiben würde. Aber meine Deichmädels haben bessere Verwendung für mich. Ich halte mich also bis auf weiteres aus den sozialen Medien raus und lasse stattdessen ab der nächsten Woche an genau dieser Stelle Kea, Aahlke und Eilsine zu Wort kommen. 

  Ich winke einstweilen live vom Deich in Ihre Richtung und wünsche Ihnen eine richtig schicke, glückliche Adventszeit.

Herzlichst

 

Ihre Karen Christiansen


Zu Besuch bei Tant‘ Aahlke

(extra aus dem Ostfriesischen für Sie übersetzt)

 

 

Moin erst mal! Schuhe aus und hinsetzen – ich kann mich jetzt nicht um Sie kümmern. Sie sehen ja, dass ich zu tun hab. Tee nehmen Sie sich selbst. Kluntje? Hier! Vorsicht, die Kekse sind noch heiß. Lecker, oder?! Sowas kriegen Sie in der Stadt nicht. Die sind nämlich mit Schweineschmalz gebacken. Ein Kilo auf drei Pfund Mehl, dann werden sie schön saftig. Nun gucken Sie mal nicht so seltsam – wenn Sie lieber Müsliriegel wollen, müssen Sie zu Christiansens gehen. Soll ich Ihnen fix ein paar Eier in die Pfanne hauen? Der Speck ist ganz frisch.  Hier – riechen Sie mal! Nein, keine Umstände – für den Grünkohl hab ich noch genug davon. Bleiben Sie zum Essen? Dann schieb ich schnell einen Kuchen in den Ofen. Möchten Sie Apfel oder …  – ach, nehmen Sie mal Apfel, die Karen ist noch nicht mit den Mandarinen für die Schmand-Torte zurück vom SPAR-Markt, möcht‘ mal wissen, wo die bleibt. Die quatscht sich im Dorf immer so lange fest, bis die Sprüh-Sahne abgelaufen ist. Warten Sie – ich muss die sowieso fix aufm Handy anrufen, Abführmittel sind fast aus. Also – Weihnachten ist dieses Jahr wirklich lang. Man muss sich echt bevorraten. Zu meiner Zeit war das anders. Da hatten wir alles selbst und mussten nicht zum Einkaufen weg. Na gut. Einen SPAR-Markt hatten wir nicht. Und keine Mandarinen. Aber wir waren trotzdem glücklich. Hoffentlich hat Karen an Batterien für meinen Weihnachtsbaum gedacht. Und an Streichhölzer für die Ersatz-Kerzen, falls das Licht ausfällt und der Generator nicht anspringt. Finden Sie nicht auch, dass der Strom über die Feiertage irgendwie nicht so viel Wumms hat wie normal? Zum Glück hab ich noch den Gasherd im Anbau. Da, wo die Ferienwohnungen sind. Ich hoff ja immer, dass ich den nicht brauche, weil der nur vier Flammen hat und so oll riecht – aber ich werde nicht hungern über die Feiertage. Ich nicht! Likörchen zwischendurch? Ach, Sie wollen schon gehen? Ist doch noch nicht mal Mittag! Hiergeblieben! Sonst verpassen Sie noch die Karen. Aber – wenn ich Grünkohl aufm Herd hab, kommt sie sowieso nicht rein. Manchmal stellt die sich sowas von an …! Und dauernd ein neuer Fimmel – stellen Sie sich vor, zu Weihnachten will sie »ausländisch« kochen. Hab vergessen, was – soll lieber erst mal »deutsch« lernen. Ich setz gleich ein paar Kartoffeln mehr auf, bestimmt schneit nachher noch Willem rein und will vom Grünkohl haben. Den hat er als Kind schon gerne gegessen. Er meint auch immer, dass meiner am allerkuhlsten ist und noch viel besser als der von Kea und Eilsine. Das ist unser Geheimnis. Er ist ja so ein lieber Junge und berühmt, denken Sie mal an! Und wenn der sagt, dass mein Essen gut ist, dann stimmt das auch. Man hätte ihm glatt eine bessere Frau gewünscht. Nicht so eine, die das Frühstücksgeschirr bis Mittag aufm Tisch stehen lässt – und dann noch kackfrech behauptet, dass das »Bransch« wäre.  Da kann Karen noch so viel studiert haben – bei uns in der Auricher Bräuteschule wäre sie mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Hab ich ihr schon tausendmal erzählt. Ist doch egal, dass es zu ihrer Zeit gar keine Bräuteschule mehr gab. Schlimm genug. Dann wäre ihr Haushalt auch nicht so verlaust und verludert. Essen würd ich bei ihr nicht mal, wenn’s was gäbe. Eigentlich kann man sie nur vom Herd fernhalten und einkaufen schicken. Aber das darf man nicht mal laut denken. Karen schreibt nämlich alles auf und macht dann Bücher davon. Für mich wäre das nix. Ich bin bis jetzt ganz gut mit meinen beiden Büchern ausgekommen – und das sind die Bibel und das Kochbuch von meiner Oma, Gott hab sie selig.  Alles andere sind Staubfänger, wenn Sie mich fragen. So, Essen ist fertig. Möchten Sie drei oder vier Scheiben Bauchfleisch? Nicht so schüchtern – es ist genug da. Langen Sie zu – im Winter braucht man seine Reserven!


Auf unserer Terrasse kann man nicht nur ganz wunderbar frühstücken, sondern hat gleichzeitig die gesamte friesische Nahrungskette im Auge. Für wenig sensible, mehr pragmatische Naturen ist das ebenso spannend wie lehrreich. Falls man ein Nagetier ist, eher nicht. Wenigstens weiß ich jetzt, woher der Slogan »Aus die Maus …!« kommt – und Sie nun auch.


In Uschis Frisurenstübchen ist heute für alle Mutigen mal wieder eine kostenlose, ganzheitliche Farb-Beratung fällig. Das tut keinem weh und ist vor allem insofern interessant, als dass die Gute den Ehrgeiz hat, jedem Kunden etwas anderes als bei der letzten Konsultation anzuschnacken. Man kann den Selbstfindungsprozess natürlich auch abkürzen und ganz pauschal vermuten: Wenn Sie dieses Bild mögen, sind Sie ein waschechter Herbst-Typ!

 


Manchmal glaube ich, dass Odin es echt  darauf anlegt, mich in den Wahnsinn zu treiben.  Treff ich ihn doch gestern bei einem amtlichen Romantik-Dinner. Was ist eigentlich aus dem guten alten Dating-Kalender geworden? Zuerst fein Kaffeetrinken, anschließend ins Kino mit Knutschen und erst danach Abendessen mit ungewissem Ausgang …! Gut, er mag keinen Kaffee und bei uns gibt es in 30 Kilometer Umkreis kein Kino, aber das ist doch kein Grund, gleich mit so einer dahergelaufenen Heckenpennerin rumzumachen – er kennt sie doch kaum. Wir auch nicht. Wir wissen noch nicht mal, was ihre Eltern beruflich machen! Odin – ich habe Dich gewarnt! Hast Du denn alles vergessen, was ich Dir über verantwortungsvollen sozialen Umgang gepredigt habe? Fang bloß hinterher nicht an, zu heulen, wenn Du nach den paar Minuten Spaß auf unabsehbare Zeit für drei bis fünf Welpen unterhaltspflichtig bist. Ich bin raus aus der Nummer!

 


Mein Leben am Deich ist nicht immer so durch und durch glücklich, wie Sie es sich vielleicht vorstellen. Gerade im Moment mache ich mir große Sorgen um Odin. Gestern habe ich nämlich ganz in Gedanken seinen Trinknapf aufgefüllt und bin jetzt gar nicht sicher, ob nicht vielleicht etwaige Blumendünger-Reste in der Gießkanne verblieben waren. Wird er nun möglicherweise explosionsartig wachsen und, statt bei gelegentlichen Frühstücksverzögerungen nur unlustig auf der Terrasse zu gnäckern, demnächst wütend die Wintergartentür eintreten – oder bringt ihn der partikuläre Phosphoranteil zum nächtlichen Leuchten? Und wenn ja: Verschafft ihm das in der aktuellen Paarungssaison einen unlauteren Wettbewerbsvorteil? 

 


Friesische Viecher

Tiere zu fotografieren ist viel einfacher, als man gemeinhin annimmt. Das können Sie jeden

x-beliebigen Zen-Meister fragen. Er würde Ihnen an dieser Stelle tief in die Augen gucken und kryptisch murmeln: »Du musst selbst zum TIER werden, kleiner Grashüpfer …« – aber das ist eine andere Geschichte, die nicht unbedingt hier her passt, falls Sie verstehen, was ich meine. Die professionelle Meinung des seligen Herrn Sielmann ist leider nicht überliefert. Und der hypothetische Wortbeitrag des verehrten Jaques Cousteau wäre gewiss ziemlich langatmig und würde sich höchstwahrscheinlich auf »Mon dieu« reimen. Dazu reicht man einen guten Rotwein. Deswegen gefällt mir dieser Ansatz persönlich am besten.

Wenn man irgendwelche wie-auch-immer-gearteten Tiere (Anzahl der Beine egal, Fell oder Federn optional) fotografieren will, ist es von vornherein sinnvoll, loszuziehen, wenn diese wach und willig sind. Eine schlafende Feldmaus im Serienbildmodus aufzunehmen, ist keine künstlerische Herausforderung. Wenn Sie 12 Uhr mittags unbequem zusammengekauert vor einem Fuchsloch hocken, werden Sie zwar keine putzigen Welpen beim Spielen sehen, können sich aber am höhnischen Gekecker der ganzen Bande aus dem Bau heraus erfreuen – die Biester lachen sich halbtot und sind somit anschließend viel zu kaputt, für Sie zu posieren.

Tierfotografie ist wie ein guter Krimi. Es geht immer um die Frage von Möglichkeit und Motiv. Ist es also möglich, Elefanten in Friesland zu knippsen? Eher nicht. Alles andere ist verhandelbar. (Oder mit ein bisschen Mühe und einem anständigen Bildbearbeitungsprogramm hinzukriegen.)

  Warum sehen wir ein Tier? Weil es ihm egal ist oder weil es sowieso gerade in der Gegend zu tun hatte. Mon dieu – was macht denn so ein Viech den ganzen Tag, wenn es nicht schläft? Tja: Fressen oder Sex – Motive, so alt wie die Welt.  Wenn Sie diese Tatsache im Gedächtnis behalten, wird Ihre Welt schlagartig vor Tieren wimmeln. Sie müssen bloß hingucken. Manchmal reicht es auch, hinzuhören. Oder die Nase in den Wind zu halten. Gerade Bisams riecht man meilenweit. Besonders an frostigen Morgen, wenn sich die Witterung lange in Bodennähe hält, kann man jede Bewegung im Ratten-Bau an den wechselnden Geruchsschwaden vorhersagen, die über die Gewässeroberfläche treiben. Glauben Sie mir: Nagetiere, die eng gedrängt in schlammigen Höhlen wohnen, die die ganze Nacht in ihren eigenen Rohkostblähungen verbracht haben und, statt sich zu duschen, ihr Fell mit Drüsensekret parfümieren, sind einfach nicht zu überriechen.

  Vogelschwärme sind olfaktorisch nicht so belastend für den Fotografen. Dafür bestechen sie durch ihren Mangel an Kooperationswilligkeit. Salopp gesagt: Die Jungs tun NIE das, was sie sollen. Selbst, wenn man sich mühevoll zum Tidewechsel ins Watt gequält hat – die Biester hören einfach nicht zu. Einfachste Regieanweisungen wie zum Beispiel »Mehr nach links, quer durch ’s Licht und dann geordnet landen!« werden konsequent ignoriert oder ausschließlich dann befolgt, wenn man die Kamera wirklich nur mal eben kurz runter genommen hat. Selbstverständlich achte ich streng darauf, bei solchen Fotoshootings absolut unbeobachtet zu sein. Manchmal geht mein friesisches Temperament mit mir durch. Es sind immerhin schon Leute für deutlich weniger auffälliges Verhalten eingewiesen worden!

  So. Sie sehen also, dass Tierfotografie wenig bis gar nichts mit entbehrungsreicher Arbeit oder übermenschlicher Geduld zu tun hat. Eigentlich ist das Ganze unglaublich spaßig. (Wenn man den Begriff »Spaß« etwas weiter fasst, selbstverständlich.) Und wenn’s richtig gut läuft, ist das Vergnügen sogar voller »Mon-dieu«-Momente. Haben Sie noch genügend Rotwein vorrätig?


Ab sofort gibt es  »Neulich in Friesland« nicht nur als Print-Version. Das dazugehörige E-Book ist außerdem für einen Monat zum Aktionspreis von 99 Cent bei den üblichen Anbietern erhältlich. Ich freue mich mächtig, winke enthusiastisch live vom Deich in die Runde und wünsche Ihnen viel Spaß damit.

Klicken – lesen – grinsen!

 



Tant‘ Eilsine hat fertig

Haaach, das war ja wohl eins der schönsten Weihnachten, die ich je hatte …! Ich mag das ja, wenn es in der guten Stube voll, bunt und laut ist – dann ist es erst richtig gemütlich. Den Baum hatte ich besonders fein geschmückt, man weiß ja nie, ob ich nächstes Jahr noch echte Kerzen und Lametta benutzen darf, hihihi – großes Geheimnis! Unser Pelle ist das gewöhnt und wenn sein Stuhlgang nach dem Fest im Dunkeln leuchtet, ist das ja ganz putzig, aber bei kleinen Kindern muss man wenigstens zu Anfang vorsichtig sein. Nein, mehr sage ich nicht. Wünsche darf man nicht verraten! Aber ich hab mir ganz fest vorgenommen, nie im Leben so eine altbacksche Super-Oma zu werden, die dauernd Jäckchen und Söckchen häkelt und dann so ‘n armes Kind auch noch zwingt, das Zeug anzuziehen. Das Lütte sieht dann aus wie vom Dorf und kriegt später nie eine Freundin und dann geht der ganze Stress von vorne los – nein, vielen Dank, einmal reicht.

Die Karen hat mir zu Weihnachten ihren alten Computer geschenkt und gezeigt, wie man modern einkauft. Hätte nie gedacht, wie viel Spaß das macht. Ab und zu muss ich natürlich noch ins übernächste Nachbardorf zum SPAR-Markt, schon wegen der Neuigkeiten. Die richtig peinlichen Informationen aus unserer Gegend stehen leider nicht im Internett. Aber das kommt bestimmt irgendwann. Gestern hab ich das erste Mal mit Karen am Computer Tee getrunken – stellen Sie sich vor: Sie bei sich in der Küche und ich bei mir und wir konnten uns dabei angucken wie im Fernsehen! Ich wollte das erst nicht glauben, bin gleich in echt zu Christiansens rübergegangen – und Tatsache: Da war auf Karens Bildschirm meine leere Küche zu sehen und Pelle, wie er eine Eierlikörpfütze aus meinem umgekippten Glas aufgeschleckt hat. Der kleine Racker glüht bestimmt schon vor für Silvester und Eierlikör ist als Beruhigungsmittel vor der ganzen Knallerei für so einen Hund bestimmt sinniger als die Globuli von Doktor Renken, die der mir andrehen wollte. Oh, ich darf nicht vergessen, der Karen eine Iiiehmehl zu schreiben. Sie soll nachher fix noch mal bei Claas vorbeigucken – der alte Dussel hat anscheinend aus Versehen seinen Büro-Fernseher verstellt und nun sind da lauter nackte Frauen drin und ganz komischer Ton. Männer und Technik – was wären die Kerle ohne uns?!

Lassen Sie uns auf ein wirklich gutes Neues Jahr anstoßen. Hier ist ein Eierlikör, langen Sie zu. Wohlsein! Nein, an diesem Glas war Pelle noch nicht dran – und wenn doch: Mein Hund ist hygienisch einwandfrei, das können Sie wohl glauben!


Tant‘ Eilsine schiebt nach

Ach, das ist ja schön, dass Sie mal wieder zu Besuch kommen. Vorsicht, der Dackel! Warten Sie – hier ist ein feines Mettbrötchen, ganz frisch. Nein, nicht für Sie – Pelle hatte noch kein Frühstück. Sie können Kekse kriegen. Mir ist das Weihnachtsgeschäft ein bisschen aus dem Ruder gelaufen.  Bei diesem ganzen Stress kann man schon mal den Überblick verlieren, für wen man schon gebacken hatte und für wen man noch muss. Nun hab ich drei Bleche für den Pastor zu viel, eins für die Gemeindeverwaltung zu wenig und übermorgen ist schon Heiligabend – haaarrejessas, was für ein Durcheinander. Ja, in diesem Jahr ist alles ein bisschen anders. Aber irgendwie noch schöner als sonst, hihihi – aber das darf ich Ihnen nicht verraten, das hat die Karen doch alles aufgeschrieben und Sie können es später nachlesen. Da will ich ihr auch gar nicht böse sein, dass sie unseren Gemeinschaftsausflug in die Stadt zum Schoppen abgesagt hat. Wie – trinken? Nein, einkaufen! Sagt man das nicht so? Karen macht das. Gut. Sie tut noch etliches anderes. Wie im Sommer zum Beispiel. Wo es draußen so trocken war, hat sie jeden Tag am Deich rumgehampelt. Angeblich sollte das ein Regentanz sein. So wie das aussah, hätte das auch ganz was peinliches sein können. Und geregnet hat‘s auch nicht. Kein Wunder, wenn Sie mich fragen. Die Wolken haben sich zu Tode erschreckt und sind ganz weit über Friesland weggezogen. Nein-oh-nein, was haben wir gelacht!

Na, Sie werden jedenfalls staunen, was bei uns alles los war.  Wenn man so mittendrin ist, kommt man kaum zum Nachdenken, weil man sich zwischendurch ja auch noch freuen muss oder vor Stolz platzen möchte. Tausend kleine Dinge, die am Deich passieren und für Sie nicht viel sein mögen, aber für uns eine ganze Welt bedeuten. Sind Sie neugierig geworden? Warten Sie ab bis März – dann erscheint »Neulich in Friesland«.

So, und nun gehen Sie fix nach Hause und haben sich lieb. Hey, es ist Weihnachten, da gehört sich das so!


Tant‘ Aahlke teilt aus

 

Moin! Kommen Sie rein – und Schuhe aus! Sie kennen das ja noch vom letzten Mal. Na, als Sie neulich bei mir waren. Wie – das ist  schon ein Jahr her? Nää, nää, nää – wie die Zeit vergeht. Das wird man meistens gar nicht gewahr, wenn man jeden Tag sein Tun hat. Wie ist es Ihnen denn ergangen? Hatten Sie auch so viel Stress wie wir? Haaach, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Und ob ich Ihnen das überhaupt alles sagen darf, wo doch die Karen das in ihrem neuen Buch erzählen will. Denken Sie mal an: Ein Jahr lang hat sie an dem Ding geschrieben! Na, ihre Wirtschaft sieht auch danach aus. Total verloddert, das ganze Haus. Kea geht ja zwischendurch ganz tapfer immer mal rüber und guckt. Mir ist das zu gruselig. Und zu umständlich. Kea erzählt ‘s mir hinterher sowieso.

Wobei – da fällt mir ein, dass ich die Karen im Sommer dauernd am Deich gesehen habe. Wenn ich mal Zeit hatte, aus dem Fenster zu gucken, zumindest. Da hat sie nichts geschrieben, sondern angeblich nachgedacht. Ich bitte Sie – nachdenken kann man doch auch beim Abwaschen oder Wäschebügeln. Und wenn man dann mal vorsichtig nachfragt, wann das Buch fertig ist und gewisse Leute endlich mal die Herbstblätter unter der Hecke wegmachen wollen, wo doch schon bald Weihnachten ist und alles, kriegt man noch ’ne patzige Antwort. Karen müsste immerhin schließlich auch in der Stadt arbeiten – ja, was denkt die denn, was wir hier machen? In der Nase bohren oder wie?! Wahrscheinlich wird das Buch auch dementsprechend. Nur Gerede und nichts dahinter. Geschweige denn Essen auf’m Tisch. Und die Hälfte davon ist noch gelogen. Man traut sich gar nicht mehr, was zu sagen, wenn Karen in der Nähe ist. Die dreht einem das Wort im Mund herum, grinst wie blöd, schreibt alles auf und hinterher wird man zum Gespött der Leute. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein normaler Mensch für sowas Geld ausgibt. Sie doch auch nicht, oder? Aber für den Fall, dass Ihnen jemand nächstes Jahr »Neulich in Friesland« schenkt oder Sie eine Wette verloren haben und das Teil lesen müssen, dürfen Sie kein Wort davon glauben. Versprechen Sie mir das? Sollen wir darauf einen trinken? So, nun güldet es. 


Unglaublich – aus einem einzigen herrlichen November-Morgen wie heute hätten wir früher problemlos einen ganzen friesischen Sommer gebastelt …! Aber: Wie soll ich bei diesem Wetter brav am Küchentisch meine Schreibarbeiten erledigen? Das kann nun wirklich keiner verlangen. Pffft, dann wird »Neulich in Friesland« eben nie nicht fertig, so! Kann ich nix dafür, das liegt am Wetter. Herrliche Universal-Ausrede, finden Sie nicht auch? Fröhliche Grüße live vom Deich in die Runde gewinkt und allen lieben Menschen ein wundervolles Wochenende gewünscht.


Mal ganz ehrlich: Wer ärgert sich nicht gelegentlich über viel zu kleine Parklücken?

 

Mit diesem selbstgemachten Luftbild vom Segelschulschiff »MIR« melde ich mich aus dem Urlaub zurück, wünsche allen lieben Menschen ein richtig schickes Wochenende und winke fröhlich live vom Deich in die Runde.


Meine berühmt-berüchtigte Deichführung »Friesland bis zum Horizont«, die ich gelegentlich auf Drängen meiner geliebten Nachbarinnen für ihre Feriengäste anbiete, wäre gestern fast buchstäblich ins Wasser gefallen. Aber nur fast. Motivation ist alles. Und Regenjacken. Glauben Sie mir bitte – es ist gewiss nicht leicht, acht wildfremden Leuten die Schönheiten unserer Gegend nahe zu bringen, wenn der Wind ständig lauter ist, als man den historischen Abriss zur Besiedelungsgeschichte brüllen kann. Ich habe mich bewusst vage geäußert, die relevanten Daten großzügig gerundet und das gesamte wissbegierige Rudel auf dem Heimweg im Dorfkrug ausgesetzt. Nun hat den Herrschaften dieses Event so gut gefallen, dass sie nach einer Wiederholung lechzen. Watt' nu'? Müssen wir heute einen Clubtanz üben oder soll ich die gleiche Tour noch einmal radeln, die Bauwerke am Straßenrand umbenennen und die Jahreszahlen ändern? Was meinen Sie – würde das doll auffallen? Fröhliche Grüße live vom schönsten Ende der Welt!


»Moin! Jo – is’ fertig.« DAS war FRIESISCH.

Und meine ganz persönliche Interpretation lautet: »Jubel! Kreiiiiisch! Konfetti! Feuerwerk!«

Stimmen Sie mir zu? Dann bitte mal alle in Chor: »Freu-freu-freu!« (Okay, das kann ich gelten lassen.)

Wenn Sie einen Blick in »Verliebt in Friesland« riskieren möchten, klicken Sie auf den Link. Wenn Sie das ganze Buch lesen wollen, bestellen Sie es beim Buchhändler Ihres Vertrauens oder bei den einschlägigen Online-Anbietern. Nein, Sie können mich NICHT anrufen, damit ich Ihnen das Machwerk eben fix live vorlese – immerhin sitze ich schon am dritten Teil der Deich-Comedy »Neulich in Friesland«.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen – mindestens ebenso viel, wie ich beim Schreiben hatte.

 

Ihre Karen Christiansen


Gerade eben hatte ich ein echtes Schneewittchen- Déjà-vu. Und nicht etwa das normale »Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?« oder »Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?« (Wehe!), sondern tatsächlich das kaum vorstellbare »Wer hat meinen ganzen Kühlschrank leergefuttert?«! Unglaublich, wie die Feiertagsvorräte trotz höchster Kältestufe einfach so dahingeschmolzen sind. Bevor ich nun die Profis der CSI Ostfriesland auf Tätersuche hetze, begebe ich mich lieber selbst auf Nahrungssuche ins übernächste Nachbardorf, wünsche allen lieben Menschen ein rundherum perfektes Wochenende                                                                                                            und winke live vom Deich in die Runde. 

                                                                                                 Übrigens: In 56 Tagen erscheint »Verliebt in Friesland«!



Gleich mal vorweg und nicht nur, weil es sich so gehört: Ich wünsche all‘ meinen lieben Freunden ein absolut wundervolles Weihnachtsfest. Da ich nicht weiß, was für Sie im Einzelnen »wundervoll« bedeutet, ist nun IHR persönlicher Einsatz gefordert. Mit meinen Wünschen allein ist es ja nicht getan – ein bisschen was müssen Sie schon selbst erledigen, um rundherum fröhlich zu sein.  Das ist bei Ihrem wahrscheinlich knappen Zeitplan eine echte Herausforderung. Aber tun Sie’s bitte trotzdem. Jetzt! Ganz genau – bevor die Hütte voll wird, der Fernseher läuft, alle durcheinander reden und Sie zum dritten Mal zum Papiercontainer laufen müssen, um das ganze Verpackungsgedöns ökologisch korrekt zu entsorgen.

Weihnachten ist nach landläufiger Meinung ein Fest der Liebe. Das gilt auch für nervige Nachbarn und allenfalls drittliebste Freunde mitsamt hochbegabten Haustieren und antiautoritär erzogenem Nachwuchs. Wenn die dann wieder gegangen sind, können Sie durchstarten und so richtig besinnlich werden.  Bleiben Sie glücklich, gesund und zufrieden. Wenn Sie mögen, können Sie auch ab sofort jeden Tag zu Ihrem persönlichen Weihnachten machen. Meine guten Gedanken begleiten Sie dabei – live vom Deich aus unserer friedlichen friesischen Einsamkeit in Ihre Richtung gewinkt.

Herzlichst

 

Ihre Karen Christiansen 


Letzte Deich-Comedy vor Weihnachten!

Tant‘ Eilsine packt aus

 

Moin aber auch! Das ist ja schick, dass ich Sie mal kennenlerne. Nehmen Sie Platz – Vorsicht, der Hund! Ja, der beißt. Aber nur aus Notwehr. Nun kommen Sie mal mit’m Hintern von seinem Leberwurstbrötchen runter, sonst gibt er nie Ruhe. Warten Sie – hier ist ein Fleckentuch. Pflaster haben Sie selbst? Oooch, Pelle, mein kleiner Liebling, sei nicht traurig – Mama gibt dir ein frisches Mettbällchen, siehst’ wohl, Schnuckelchen …! Gucken Sie mal, wie süß er guckt! Mein Schätzchen weiß genau, dass morgen Weihnachten ist und er gaaanz viiiele Geschenke kriegt – is‘ nich‘ so, Pelle? Warten Sie – ich zeig Ihnen das Zeug, so lange der Lütte abgelenkt ist – sonst wär’s ja keine Überraschung mehr, oder?! Ein Mäntelchen, ein extraweiches Schnuffeldeckchen, Erdbeer-Shampoo für volumiges Fell, einen eigenen Mett-Igel – und, hier: Von der Autowerkstatt im Nachbardorf bekommt er einen fetten Präsentkorb. Er schusselt ja öfters in Gedanken über die Bundesstraße – und da staunen die Leute eben und bremsen scharf und fahren manchmal vor Schreck in den Graben. Meistens Touristen. Die sind dann froh, wenn ihr Auto schnell wieder heile wird und schauen in der Werkstatt nicht aufs Geld.

  Claas und ich schenken uns nichts. Jedenfalls war das so abgemacht. Leider hält sich der Alte auch daran. HA! Dem wird ich aber …! Tss, tss, tss – mal sehen, wie er reagiert, wenn er mit leeren Händen ankommt und ich ihm eine neue Uhr überreiche. Gab’s umsonst in der Apotheke, wenn man drei Liter extrastarkes Fußbad gekauft hat. Die verbraucht Menno allein in einer Woche. Wenn man ihn daran erinnert. Da kann sich Claas ruhig schuldig fühlen – denken Sie mal an das Dorfkrug-Fiasko im letzten Jahr, wo er am Heiligabend voll war wie ein Eimer und die ganze Bescherung verpennt hat – auf dem guten Sofa! Wo doch so viel Besuch kam …!

  Was ich mir am allermeisten wünsche? Haaaach, eine liebe Frau für Menno. Stellen Sie sich mal vor, wie schön es wäre, wenn hier so ein paar kleine Hoferben um den Christbaum robben würden. Pelle würde sich bestimmt bald mit den neuen Welpen anfreunden. Ich hoffe ja immer, dass Karen in der Stadt ein Mädel findet, das gut zu Menno passt. Die muss noch nicht mal kochen können – das würde ich liebend gerne tun. Ich setz mich noch nicht aufs Altenteil, so zwanzig, dreißig Jahre könnten wir alle prima zusammen wirtschaften. Wenn die jungen Leute mal  was von der Welt sehen wollen am Wochenende und nach Oldenburg fahren oder so, würde ich auf die Kinder aufpassen. Also, nächstes Jahr soll es wirklich endlich mal was werden mit der Heiraterei bei Menno. Ich muss ihn förmlich aus dem Haus prügeln, damit er unter Leute kommt. Boßelverein und Freiwillige Feuerwehr zählen nicht. Da sind auch nur Männer ohne Frauen. Hab schon versucht, die Karen zu bestechen, damit sie Menno mal zum Sport mitnimmt. Die macht doch allen möglichen Quatsch. Mir persönlich gefällt das mit den großen bunten Segel-Drachen und dem Bügelbrett unter den Füßen am besten. Da, wo sich die Leute in so enge Wurstpellen quetschen, damit ihnen nicht alles abfriert auf dem Wasser. Wenn da mal eine knackige Deern dabei ist und Menno gleich sieht, was er kriegt – nun sagen Sie auch mal was!

  Jessas, näää – nun hab ich doch glatt das Geschenk für die Karen vergessen. Soll ja ein bisschen was Schickes sein. Von Aahlke und Kea kriegt sie dauernd Kittelschürzen, Häkeldecken und Wollsocken. Ich glaub, ich ruf fix mal den Mann von unserem Tierarzt an. Der Dieter ist doch Diehseiner und macht die schönsten Gärten – zum Niederknien. Bestimmt kann der schnell noch einen Weihnachtsbaum für Christiansens basteln. Mag gar nicht daran denken, dass die beiden da in ihrer kahlen weißen Hütte so ganz ohne Fernseher und überhaupt …  –  das ist doch kein Weihnachten! Weihnachten muss »bunt« und »satt« und anschließend gibt es Eierpunsch und alle singen, bis um Mitternacht die Torte auf den Tisch kommt. So kenn ich das von früher.

Sie wissen nicht zufällig, was mir die Karen schenken will? Nein, ich bin nicht neugierig. Nur vorsichtig. Seit sie diesen Flitz hat mit den Äktschen-Abenteuern, wo man nicht weiß, was man dazu anziehen soll und hinterher seine Knochen zählen muss, hab ich beim Auspacken immer Herzklopfen. Darf gar nicht daran denken. Da krieg ich jetzt schon »Kreislauf«. Trinken Sie ein Schlückchen mit? Nein, die Gläser sind nicht zu groß. Ich will bloß nicht dauernd nachschenken müssen. Das frisst Zeit! Morgen ist Heiligabend – da hab ich doch wohl wichtigeres zu tun!


 

Die Deich-Comedy geht weiter ...!

Tant‘ Kea deckt auf

 

 

Moin – na, das ist ja eine Überraschung, dass Sie sich auch mal wieder sehen lassen …! Sie waren doch letztes Jahr erst bei uns, stimmt’s? Ach, wie schön – Sie können gleich mit anpacken. Gucken Sie mal, wie fein meine neue Tagesdecke geworden ist – und wissen Sie noch, wie missmutig Karen war, als sie die hundert Rollen dünnes rosa Häkelgarn aus der Stadt mitbringen sollte? Na, die wird Augen machen. Wenn Sie nur mal die eine Kante gaaanz vorsichtig spannen wollen – ach, lassen Sie lieber, das mache ich nachher, wenn Eilsine zum Tee kommt. Wie finden Sie übrigens meine Tanne? Toll, nicht? Nein, das ist nicht die gleiche wie vorigen Dezember. Gucken Sie genau hin – das ist ein total anderes Pink! War gar nicht so einfach, das Lametta einzufärben, das können Sie wohl glauben. Ich finde, dass mein Weihnachtsbaum der allerschönste in der ganzen Gegend ist. Stellen Sie sich vor – Christiansens haben GAR KEINEN! Sollte man nicht glauben, wo der Willem doch Künstler ist und überhaupt. Von Karen kann man das nicht erwarten. Die hat keinen Sinn für was Gediegenes. Moooment – DA draußen können Sie sie sehen! Hängt wie ein Affe im Baum und tackert Fressgeschenke für das olle Viehzeugs in die Äste. Auch noch anfüttern, diese Kack-Vögel! Da kann ich nachher ja gar keine Wäsche raushängen. Wo wir gerade bei Wäsche sind – raten Sie mal, was ich letztens bei Christiansens in der Mülltonne gefunden habe. Drei Paar Socken von Willem, bisschen verkrumpelt zwar, aber die wären noch jaaahrelang gegangen, wenn sich die vornehme Madam mal die Mühe gemacht hätte, die Löcher zu stopfen. Und die Bündchen neu zu stricken. Aber dafür ist sie zu fein. Oder zu faul. Können Sie sich jetzt aussuchen. Na, ich hab die Socken gerettet, aufgehübscht und gebügelt. Sowas schmeißt man doch nicht weg.  Eilsine wird schockiert sein, wenn ich ihr das erzähle.  Die ist ja immer ziemlich dicke mit der Karen, weil sie denkt, dass die über Beziehungen in der Stadt eine Frau für ihren Menno findet. Ich weiß auch nicht, was mit dem Jungen los ist. Es ist ein Jammer, wo der schöne Hof von Claasens doch schuldenfrei ist und ganz gut was abwirft.  Von der Insa vom Bankschalter soll er bloß die Finger lassen. Das wird doch im Leben nichts.  Zwei Mal war er schon mit der Kaffee trinken – ganz edel in einer Gaststätte mit allem Pipapo, und dann wollte das Mädel hinterher keine Verlobung, sondern noch ins Kino! Die jungen Dinger heutzutage stellen Ansprüche, da kommt man nicht mehr mit.  Sieht man an Karen. Da schüttelt’s einen geradezu! Das Willem das so mitmacht, ist ein Wunder. Dauernd will sie irgendwelchen »Sport« treiben (soll lieber den Garten ordentlich halten) und immer mit‘m Flugzeug in’n URLAUB – was DAS alles kostet …! Wovon Karen sich erholen will, ist mir ein Rätsel. Von Arbeit kann’s nicht sein.  Und nach den Ferien ist sie meistens völlig kaputt. Willem war früher ganz anders. Ich kenn ihn ja noch, da war er sooo klein. Immer adrett mit Matrosenanzug und fein gestrickten Strumpfhosen – die hab ich ihm gemacht. Das ist ja nun auch schon – ach, Gott – ewig lange her. Groß ist er geworden. Eigentlich komisch, wo er doch kaum was Richtiges zu essen kriegt. Ach ja. Bleiben Sie zum Mittag? Bei Christiansens brauchen Sie um diese Zeit gar nicht zu klopfen. Wenn Karen vom Baum runter ist, steht sie entweder stundenlang unter der Dusche und Sie sitzen allein in der Küche – oder sie spielt Klavier. Dann wollen Sie da gar nicht zu Besuch sein.  Nehmen Sie sich doch noch von dem Frankfurter Kranz – und, hier: Sind das nicht schicke Sesselschoner? Hab ich gestern fertig gehäkelt.  Soll ich Ihnen ein paar davon einpacken? Die kann man doch immer gebrauchen!



Heute ist einer der zehn aufregendsten Tage des Jahres - meine Deichmädels und ich fahren in die »Stadt«, um unseren Weihnachtsgeschenke-Beutezug zu erledigen. Vorsichtshalber hab ich

alle Einkaufslisten vorher eingesammelt und einen detaillierten Ablauf-Plan erstellt. Wenn also nicht wieder ein unvorhersehbares Sonderangebot mit Übergangsjacken dazwischen kommt, müssten wir

spätestens zum Tee wieder zu Hause sein. Drücken Sie mir die Daumen und halten Sie sich von der Innenstadt fern - die Friesen sind los!

 


An dieser Stelle geht ein großes Dankeschön an die Abermillionen Zugvögel, die uns alljährlich mit ihren präzise geflogenen dreidimensionalen Luft-Ballett-Vorführungen beeindrucken. Selbst bei allerschietigstem Novemberwetter sind die Flatterviecher voll im Einsatz – ja, unsere Gänse sind schon ganz schön harte Hunde!


Moin vom Deich! Ganz Friesland startet mit Rückenwind ins lange Wochenende – und hier sind Sie live mit dabei. Ich wünsche Ihnen einen extrem schönen Samstag voller Abenteuer und magischer Momente und würde zu gerne weitertickern, muss mich aber um unseren liebesbekümmerten Postboten kümmern, der schon um 04:00 Uhr bei uns in der Küche stand und sich selbständig Tee kochte. Natürlich war nicht nur ich zu Tode erschrocken – auch der Briefzusteller hat mit sehr großen Augen in den Lauf meiner Wasserpistole gestarrt. Für ländlich-nächtliche Überfälle muss man eben gewappnet                                                                                                            sein!


 

Möglicherweise werden Sie diesen pelzigen Kumpel hier ganz flauschig und possierlich finden. Na gut - letztendlich uriniert er ja auch nicht auf Ihre Wiese, sondern auf meine. Aber nun wissen wir wenigstens alle, woher der Begriff "Wild-Pinkler" kommt.


Und hier erreicht uns eine Verkehrswarnung:

Stau und zähfließender Verkehr auf der Deichstraße in Richtung des Arche-Anlegers ...!


Alte friesische Bauernweisheit:

 

Herbst ist, wenn der Regen kälter wird!


 

War gestern eher unkreativ und hab mich lieber um eine nützliche Gartendekoration bemüht. Bis meine lieben Nachbarinnen festgestellt hatten, dass auch sie unbedingt und auf der Stelle GENAU SO WAS schon IMMER gewollt hatten, hatte ich fast einen Drehwurm von dem ganzen Baumarkt-Shuttle-Service. Mir gefällt die Vorstellung, dass ab sofort in einer abgelegenen Ecke Frieslands nachts solarbetriebene Futterhäuschen den Deich zum Leuchten bringen.


 

Der »Winterpalast« für Odin ist fast fertig. Nur noch fix die Blumendeko richten und überlegen, ob wir einen Kabelanschluss benötigen oder besser eine Satelliten-Schüssel anbringen. So ein Winterschlaf kann ja für den Durchschnitts-Igel sonst ganz schön langweilig werden!

 


 

Alte friesische Bauernweisheit: Wenn die Felder abgeerntet sind, die ersten Weihnachtskekse im Supermarkt-Regal liegen und sogar die Schafe nach Süden ziehen, kommt bestimmt bald ein richtig schöner Herbst!


 

Hmmm - stelle gerade fest, dass ich dringend frisches Heu zur sonntäglichen Grundreinigung des Igelhäuschens brauche und frage mich ganz besorgt: Nehme ich den Ballen vorne links, den dritten von rechts - oder lieber einen aus der Mitte?

Wer die Wahl hat...!


 

Seit mehreren Jahrhunderten gilt es als anerkannte Tatsache, dass die Erde keine (!) Scheibe ist. Wenn ich aber mal so über unseren Acker gucke, komme ich doch ein bisschen ins Grübeln.

Fröhliche Grüße vom Deich in die Runde gewinkt und allen lieben Menschen ein superschönes Wochenende gewünscht

Ihre Karen Christiansen


Landei - aber bitte mit Kultur ...!

Bildungsausflüge in die Zivilisation und jede Menge »Kunst« sind das eine. Aber manchmal überkommt einen das dringende Bedürfnis (und ich lehne mich jetzt hier mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass das jeder kennt!), einfach mal einen klitzekleinen Baustein des großen Ganzen (vorzugsweise von ganz unten) wegzuziehen und zu gucken, was passiert.

 

Fröhliche Grüße nunmehr wieder vom heimischen Deich in die Runde gewinkt!


Draußen ist hohe Luftfeuchtigkeit und Sie haben zwar ein gemütliches Sofa, aber nichts zum Lesen? Da könnte ich Ihnen glatt was empfehlen! 

Sie erhalten "Verrückt nach Friesland" in der Buchhandlung Ihres Vertrauens oder über die üblichen Online-Anbieter. 

Fröhliche Grüße vom regennassen Deich in die Runde gewinkt...!

https://www.amazon.de/dp/3744841391/ref=cm_sw_r_cp_dp_T2_9qDvzb35DK2Z3

 

 


Von einem Sonntagsspaziergang über Claasens Wiesen würde ich heute unbedingt abraten. Ich erwähnte gestern aus Spaß in trauter Nachbarschaftsrunde, dass ich die überaus seltene, vom Aussterben bedrohte »Deichlerche« sichten konnte. (Alauda positos aggeris vulgaris – bitte nicht googeln, das hab ich mir nur ausgedacht) Damit würden wir bestimmt nicht nur beim Naturschutz und der Gemeinde, sondern sicherlich sogar bei der EU ganz groß rauskommen. Nun – seit Sonnenaufgang schleicht Focko mit der großen Schrotwumme und Mordlust im Blick über’s Grundstück und will dem lästigen Bodenbrüter ans Fell, damit es nicht noch einen Baustopp für Claas‘ neue Biogas-Anlage gibt.

 

Tragen Sie auf jeden Fall eine grelle Schutzweste – Focko ist extrem kurzsichtig!


Gerade mal überlegt: Wenn ich den Blaukehlchen-Jungvögeln, die musikalisch noch nicht »festgelegt« sind, mal einen ollen Ghettoblaster mit dem »River-Kwai-Marsch« auf Endlosschleife  an den Graben stelle  und sich die Viecherchen als kooperativ und lernwillig erweisen – wie lange wird es dauern, bis (gefühlte) Millionen Touristen mit breitem Grinsen unter zwanghaften Mit-Summen die Deichstraße rauf und runter radeln? Ob wir damit sogar ins Fernsehen kommen???

 

Nicht vergessen: Friesland – gute Laune garantiert!


Blaukehlchen sind unter anderem als ausgezeichnete Stimm-Imitatoren bekannt. Na gut – sonst ist ja auch nicht viel los bei uns am Deich. Da haben sie echt viel Zeit zum Üben. Allein auf der kurzen Fahrrad-Strecke zum morgendlichen Brötchenholen passiere ich vier verschiedene Brutreviere und habe das Vergnügen von genau so vielen unterschiedlichen Gesangsdarbietungen der jeweiligen Clan-Chefs Max, Moritz, Alfred und Hugo. Aber gestern hat mich der täuschend echt performte Atemnot-Anfall als Krönung eines minutenlangen Raucherhustens von Hugo doch arg irritiert.

 

                                                                    Bitte – wer ihm DAS beigebracht hat, sollte doch fix mal zum Arzt gehen!


Bei der wöchentlichen Nahrungssuche im Supermarkt stand ich wieder einmal völlig fasziniert vor dem regalfüllenden Überangebot an »Katzen-Milch«. Obwohl ich mir ja den Melkvorgang unheimlich kompliziert und möglicherweise sogar traumatisch für alle beteiligten Parteien vorstelle, gefällt mir die Geschäftsidee »Katzen-Farm« total gut. Wie viele von den pelzigen Kumpels passen wohl auf ungefähr 2 Hektar Land, wenn die Haltung als ökologisch wertvoll, bodennah und artgerecht von der EU subventioniert werden soll? Und – ganz wichtig – mit wie vielen Flauschies beginne ich, damit (bei durchschnittlicher Vermehrungsrate)                                                                                                             nicht nach ein paar Wochen ein heilloses Katzen-                                                                                                           Gedrängel am Deich losgeht???


Wurde vorhin in stockfinsterer Nacht brutal aus dem Schönheitsschlaf gerissen. Händels »Halleluja« dröhnte durchs ganze Haus, aber volle Möhre! Während mein Kreislauf auf Betriebstemperatur hochfuhr, kam ich in ‘s Grübeln. Hat der Weltuntergang etwa schon ohne mich angefangen? Die chorale Lautstärke steigerte sich klirrend, bis ich entdeckte, dass sich unser Gast-Hund Wotan schlafgestört aus purer Langeweile in die pädagogisch völlig wertlose Fernbedienung unserer High-Tech-Dolby-Surround-Gebäudebeschallungsanlage  verbissen hatte. Die beiden voneinander zu trennen,  dauerte bis zum Sonnenaufgang.  Jetzt erst mal  ‘nen Kaffee – aber sowas von! Wenn ein Tag so furios anfängt, kann er ja nur extrem genial werden – oder was meinen Sie? Ich wünsche es Ihnen jedenfalls von Herzen und winke fröhlich vom Deich in Ihre Richtung.


Wenn man als frischgeschlüpftes Bisam-Baby nur doppelt so groß ist wie ein Apfelschnitz, ist das ganze Leben ein einziges Abenteuer voller extremer Herausforderungen...!


Eine Bisamratte benötigt pro Tag mindestens 500 Gramm Nahrung. Wenn ich für eine sechsköpfige Familie zu sorgen habe und nur noch 20 Kilo Äpfel in der Scheune lagern – WANN muss ich dann wieder ins Dorf zum Supermarkt fahren???

 


Friesland - ein Ort zum Schwärmen...!


Friesland, frühlings-frisch…!

 

Nach zweieinhalb Arbeitstagen bin ich zu Urlaubszwecken nach Hause zum Deich gekommen und stelle fest: Es ist FRÜHLING! Nein, das hat nix mit dem Wetter zu tun – wir haben normale 8 Grad Außentemperatur (vier Grad morgens, vier Grad nachmittags –  nachts ist es etwas schattiger) bei auffrischendem Wind. Es ist auch nicht so, als würde die Gülle, die Claas Claasen enthusiastisch auf den Wiesen verteilt, irgendwie frischer riechen. Nein, für Deo-Werbung ist das Zeug wirklich nicht geeignet. Kleiner Hinweis: Wenn einen dieser landwirtschaftliche Geruch nach zwei, drei Tagen nicht mehr sooo stört, heißt es nicht, dass man sich daran gewöhnt hat, sondern bedeutet nur, dass Herrn Claasen die Fäkalien ausgegangen sind. Aber – mit Verlaub – Scheiße ist ein nachwachsender Rohstoff und spätestens übermorgen kann man sich wieder darauf einstellen, die frischgewaschene Bettwäsche panikmäßig von der Leine zu reißen, wenn auf dem Nachbarhof die schwere Berieselungstechnik warmläuft. 

Doch das nur nebenbei. Was mich an dieser ganzen Frühlings-Sache immer wieder verblüfft, ist der manische Dekorationswahn meiner Deich-Mädels. Wie Kea, Aahlke und Eilsine in kürzester Zeit ihren Vorgärten einen psychedelischen Farb-Rausch verpasst haben, ist unvorstellbar – bis man es gesehen hat. Dann ist es noch viel unvorstellbarer. Die berechtigte Frage nach dem »Warum« verkneife ich mir aus langjähriger Erfahrung. Wir erinnern uns:  An unser schönstes Ende der Welt verirrt sich höchstens der Postbote. Dem müsste doch eigentlich egal sein, ob er nun eine Krokuspflanzung oder ein paar Osterglocken übermangelt, wenn er auf der Flucht vor unserem Eichhörnchen mal wieder hektische Schlangenlinien auf der Deichstraße fährt. Oder ob sich vielleicht Tant‘ Eilsines Feriengäste vom pseudo-friesischen Flair der Gartengestaltung beeindrucken lassen? Werden die betten-gewechselten Touristen beim Heimkommen ins zivilisierte Binnenland sofort beginnen, ihre eigene Häuslichkeit  »deichtypisch« zu gestalten?

»Guck mal – hab ich in Friesland gesehen, das haben ALLE dort!«

   »Wie waaahnsinnig exotisch! Karl-Heinz, mach mal schnell unsere alte Akropolis weg, wir müssen sofort einen Leuchtturm in den Garten stellen – die Nachbarn denken sonst, wir könnten uns nix leisten!«

Friesland macht Mode!

Für den Fall, dass Sie dringend Weltgewandtheit vortäuschen wollen und gerade keine Zeit haben, live vor Ort Impressionen zu sammeln: Besonders en vogue sind in diesem Jahr         

 a) beleuchtete Ostereier im kahlen Forsythien-Strauch (Tant‘ Aahlke),

b) bunt umhäkelte Hausbäume in der Einfahrt (Tant‘ Eilsine) und  

c) beleuchtete Ostereier, umhäkelte Baumstämme UND ein mehrfarbig angestrahlter Riesen-Plastik-Seehund in einem geschmackvollen pinken Blüten-Nest (Tant‘ Kea).

Nein, ich darf Ihnen an dieser Stelle keine Beweis-Fotos von der Farbgewalt zeigen – die Damen warten noch auf den netten Herren von der Lokalzeitung, den sie anlässlich des weihnachtlichen Lichterfestes so hingebungsvoll mit Grog abgefüllt hatten, damit sie es mal wieder auf die Titelseite der Deich-Gazette schaffen.

An dieser Stelle oute ich mich als bekennender Primel-Verweigerer. Dekorations-Legastheniker bin ich sowieso. Irgendwo hab ich auch ein Attest dafür. Glaubt mir aber kein Mensch. Im Gegenteil! Kea, Aahlke und Eilsine sind zutiefst beunruhigt, fürchten nichts mehr als meinen botanischen Gegenschlag und gehen davon aus, dass ich illegales Deko-Doping »aus der Stadt« einfliegen lasse, um ihre Bemühungen in den Schatten zu stellen. Nun geht meine Überlegung dahin, meinen Vorgarten einfach im wahrsten Sinne des Wortes flächendeckend zu verhüllen. Ob Herr Christo wohl noch einen Termin für mich frei hat? Ich hege nämlich die äußerst berechtigte Hoffnung, dass  meine plagiats-besessenen Mädels umgehend nachziehen und schlagartig wieder (optische) Ruhe am Deich einkehrt.


19. März

Arschkalt und KEIN Wasser...na, man kann ja nicht ALLES haben! (Wo sollte man das auch hinstellen?!)